Fixpunkt, erschienen in der RZ am 10.01.2025:Die Perspektive wechseln
Ich sah den satirischen Jahresrückblick von Urban Pirol. Und bei allem was er so erzählte blieb mir dieser Satz im Gedächtnis: „Es gibt auch gute Nachrichten. Man muss sie nur suchen.“ Diesen Satz sagte er im Zusammenhang mit der Jammerstimmung im Land: alles wird immer schlechter, alles wird teurer, alles geht den Bach runter usw...
Wenn ich diese Perspektive auf die JugendBegegnungsStätte (JBS) St. Michael anwende, dann könnte ich mich auch runterziehen: die Raumfrage der JBS ist ungeklärt, da unklar ist was mit dem Gebäude Gemeindezentrum passiert; der Hausmeister ist im Ruhestand und die Finanzierung der Nachfolge ungeklärt; vier junge Männer zertreten einen Mülleimer im Jugendraum, um sich vor den anwesenden jungen Frauen zu profilieren; Kinder klettern auf einen Spülkasten im Jungenklo und reißen ihn dadurch von der Wand; zwei geplante Freizeiten mussten mangels Interesse abgesagt werden; usw. usw..
All´ das passiert, aber das ist es nicht, auf das ich meinen Blick richte. Denn es gibt sie, die guten Nachrichten: der Rhein-Hunsrück-Kreis streicht den Haushaltsvorbehalt in seinen Zuschussrichtlinien und sichert nicht nur der JBS die Finanzierung; ein Gespräch während der Romwallfahrt der Messdiener*innen stärkt eine junge Frau; Kinder und Jugendliche freuen sich über die Fußballsimulation FC 25 und spielen sie mit Begeisterung; die Konzerte erfahren viel Zuspruch und finden in entspannter Atmosphäre statt; Ehrenamtliche organisieren ein Festival mit sechs Bands; während des Jungentags wird eine 20 Meter lange Murmelbahn gebaut; die Rückmeldung einer Jugendlichen bezogen auf das Verhalten des Teams während des Elternpraktikums: „Sie sind einfach zwei sehr sympathische, nette Menschen, die in der Zeit immer zur Verfügung standen und auch relativ locker waren.“; die dankbare Mutter, die ihr Kind nicht mit auf die Arbeit nehmen muss, weil es die Osterferienbetreuung gibt; usw. usw..
So kommt es auf die Perspektive an, wie ich die Welt wahrnehme. Das Positive zu sehen, ohne das Negative auszublenden, denn es geht ja nicht um Weltflucht, lässt mich zufriedener leben, gelassener handeln und glücklicher in den Tag gehen. Jeden Tag zu schauen, was gelingt, was es an Gutem gibt, lässt mich dafür dankbar sein. Ein alter Lehrer der Weisheit, Kohelet oder Prediger Salomo genannt, hat vor 2.500 Jahren geschrieben: „Ich bin zu der Erkenntnis gekommen: Das Beste, was der Mensch tun kann, ist, sich zu freuen und sein Leben zu genießen, solange er es hat. Wenn er aber zu essen und zu trinken hat und genießen kann, was er sich erarbeitet hat, dann verdankt er es der Güte Gottes.“ (Koh 3, 12-13) „Gib dich zufrieden mit dem, was du hast und verlange nicht nach allen möglichen anderen Dingen, denn das ist vergebliche Mühe und Jagd nach Wind.“ (Koh 6,9)
Vielleicht ist es auch für Sie lieber Leser, liebe Leserin einen Versuch wert, diese Perspektive im neuen, erst zehn Tage alten Jahr einzunehmen. Das Positive in den Vordergrund rücken und immer mal wieder innezuhalten und zu schauen, was gelingt, sich daran freuen und dankbar sein.